Die Warteschlangentheorie beschäftigt sich mit Vorgängen, in denen bestimmte Einheiten auf Engpässe treffen, um eine Aussage über die Länge der entstehenden Stauungen und Wartezeiten treffen zu können. Das Ziel ist die Optimierung der Auslastung und die Ermittlung der benötigten Anzahl an Abfertigungsstationen.
Du wirst in diesem Kapitel erfahren, was man unter der Warteschlangentheorie versteht und warum sie wichtig ist. Außerdem zeigen wir dir die Berechnungsmethoden der Warteschlangentheorie und stellen dir abschließend einige Übungsfragen zur Verfügung.
Synonym: Bedientheorie
Wofür ist die Warteschlangentheorie wichtig?
Die Warteschlangentheorie kann zur Analyse unterschiedlicher Systeme genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise:
- Fertigungsstraßen in Betrieben
- Logistiksysteme
- Telekommunikationssysteme und Computer
- Verkehrs- und Infrastruktursysteme
Eine Vernetzung mehrerer Wartesysteme wird als Warteschlangennetz bezeichnet.
Ziel der Warteschlangentheorie
Das Ziel der Warteschlangentheorie ist die Ermittlung von Wartezeiten innerhalb des Systems zur Optimierung der gesamten Abläufe. In der Regel sollen damit die Gesamtkosten des Systems minimiert werden, um das Unternehmen effektiver zu machen.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Produktionsabteilung eines Betriebes mehr Produkte herstellt, als der Logistikbereich ausliefern kann. Hierdurch entstehen unnötige Kosten, die zum einen durch die Reduktion der Produktion minimiert werden können, oder aber – sofern die mehr produzierten Güter verkauft werden können – durch den Ausbau der Logistik zum Gewinn des Unternehmens beitragen könnten.
Was versteht man unter der Warteschlangentheorie?
Im Rahmen des Operations Research werden unter anderem Vorgänge betrachtet, bei denen bestimmte Einheiten oder Transaktionen in unregelmäßigen oder unkontrollierbaren Abständen auf Engpässe treffen. Hier werden die ankommenden Einheiten abgefertigt, wobei es zu Wartezeiten kommen kann.
Ein Wartesystem besteht dabei grundsätzlich aus folgenden Elementen:
Ankunftsprozess | Beschreibt die Ankunft neuer Aufträge. |
Servicezeitverteilung | Beschreibt die reine Zeit der Auftragsausführung ohne die Wartezeit. |
Anzahl der ausführenden Einheiten | Beschreibt die Anzahl der Einheiten, die Aufträge zur gleichen Zeit bearbeiten. |
Warteschlangenkapazität | Beschreibt die maximale Anzahl an Aufträgen, die warten können. |
Population | Beschreibt die Anzahl der möglichen Aufträge, die mittels Ankunftsprozess in das Wartesystem gelangen können. |
Abfertigungsdisziplin | Beschreibt die Reihenfolge der Abfertigung wartender Aufträge. |
Anhand dieser Elemente kann mittels der Warteschlangentheorie eine Aussage über die Leistungsfähigkeit des Wartesystems getroffen werden. Beispielsweise zu:
- der durchschnittlichen Länge der Warteschlange
- der Anzahl der aktuell wartenden Aufträge
- der Auslastung des Systems
Anwendung der Warteschlangentheorie
Die Warteschlangentheorie untersucht die Effizienz von Bediensystemen, in denen ankommende Aufträge im Bedienbereich bearbeitet werden, nachdem Sie im Wartebereich gewartet haben. Nach erfolgreicher Bearbeitung eines Auftrags verlässt dieser das Bediensystem und spielt für die Warteschlangentheorie keine Rolle mehr.

Anhand des folgenden Beispiels wird dies verdeutlicht:
Berechnung der Ankunftsrate
Eine grundlegende Größe in der Warteschlangentheorie ist die Ankunftsrate λ. Sie sagt aus, wieviel Aufträge pro Zeiteinheit im Wartesystem ankommen:
In unserem Beispiel ist die Verpackungs- und Versandabteilung 12 Stunden am Tag besetzt, wobei pro Tag 300 Schreibsets die Abteilung erreichen.
Die Ankunftsrate beträgt also:
Also:
Berechnung der durchschnittlichen Zeit zwischen den Ankünften
Anhand der eben berechneten Ankunftsrate kann im Anschluss die Zeit zwischen zwei ankommenden Aufträgen errechnet werden.
Sie wird berechnet nach der Formel:
Da unsere Ankunftsrate bei…
liegt, ergibt sich zwischen der Ankunft zweier Aufträge eine Zeit von 0,04 Stunden, bzw. 2,4 Minuten.
Berechnung der Bearbeitungsrate und Bearbeitungsdauer
Eine wesentliche Kenngröße innerhalb der Warteschlangentheorie ist die Anzahl der Aufträge, die durch den Bearbeitungsplatz innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit bearbeitet werden können.
Diese wird als Bearbeitungsrate μ bezeichnet und berechnet sich wie folgt:
Die durchschnittliche Zeit, die für die Bearbeitung eines Auftrags benötigt wird, nennt man mittlere Bearbeitungsdauer. Sie errechnet sich aus:
Die Verpackung und der Versand eines Schreibsets dauert zwei Minuten. Die mittlere Bearbeitungsdauer liegt demnach bei 2/60 Stunden. Anhand derer können wir die Bearbeitungsrate errechnen, welche bei 30 Aufträgen pro Stunde liegt.
Es gehen demnach weniger Schreibsets (25) aus der Produktion in die Verpackungs- und Versandabteilung, als diese bearbeiten könnte (30).
Berechnung des Auslastungsgrads
Ebenfalls von Bedeutung in der Warteschlangentheorie ist der Auslastungsgrad des Bearbeitungsplatzes. Der Auslastungsgrad wird in Prozent angegeben.
Er bildet sich aus dem Quotienten von Ankunfts- und Bearbeitungsrate:
Die Auslastung der Verpackungs- und Versandabteilung beträgt demnach:
Die Verpackungs- und Versandabteilung ist also nur zu ca. 83% ausgelastet. Sie ist demnach rund 5 Minuten pro Stunde unproduktiv. Auf den Arbeitstag von 12 Stunden gerechnet ergibt dies eine knappe Stunde Leerlauf in der Verpackungs- und Versandabteilung.
Berechnung der Durchlaufzeit
Die Durchlaufzeit in der Warteschlangentheorie gibt die Zeit an, die ein Auftrag insgesamt im System verbringt.
Die Durchlaufzeit errechnet sich wie folgt:
In unserem Beispiel beträgt die Durchlaufzeit demnach:
Ein Schreibset hat in unserem Beispiel demnach eine Durchlaufzeit von 0,2 Stunden bzw. 12 Minuten.
Berechnung der Wartezeit
Neben der Durchlaufzeit ist auch die Betrachtung der Wartezeit W eines Auftrags im Rahmen der Warteschlangentheorie interessant.
Die Wartezeit (W) wird folgendermaßen berechnet:
In unserem Beispiel also:
Die Wartezeit eines Auftrags beträgt also 0,166 Stunden bzw. 10 Minuten. Alternativ kann die Wartezeit auch berechnet werden, indem die durchschnittliche Bearbeitungszeit von der Durchlaufzeit subtrahiert wird.
Berechnung der Warteschlangenlänge
Die Länge der Warteschlange wird mit Q angegeben und beschreibt die Anzahl der wartenden Aufträge. Sind die Wartezeit und die Ankunftsrate bereits bekannt, so kann durch Multiplikation beider Faktoren die Warteschlangenlänge auf kurzem Weg berechnet werden.
Alternativ kann die folgende Formel genutzt werden:
Im Beispiel:
In der Warteschlange der Verpackungs- und Versandabteilung unseres Beispielunternehmens befinden sich demnach durchschnittlich rund 4,17 Schreibsets in der Warteschlange.
Berechnung des WIP – Work in Progress
Der WIP (Work in Progress) Ain der Warteschlangentheorie gibt an, wie viele Aufträge insgesamt im System sind. Demnach müssen neben den wartenden Aufträgen auch die berücksichtigt werden, die sich in Bearbeitung befinden. Dazu wird die Durchlaufzeit mit multipliziert:
In unserem Beispiel:
Durchschnittlich befinden sich also 5 Schreibsets im gesamten System.
Berechnung der Wahrscheinlichkeit
Im Rahmen der Warteschlangentheorie kann ebenso die Wahrscheinlichkeit Pi berechnet werden. Diese gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass sich genau i Aufträge im System befinden.
Hierfür wird in einem ersten Schritt berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass sich genau 0 Aufträge im System befinden:
In Fallbeispiel der ‘Kugel&Schreiber AG’ rechnen wir also:
Die Wahrscheinlichkeit von 0 Aufträgen im System beträgt also rund 16,66 %.
Nun wollen wir herausfinden, wie wahrscheinlich es ist, dass sich genau 3 Aufträge im System befinden.
Hierzu verwenden wir folgende Berechnung:
Für das Beispiel:
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich genau 3 Aufträge im System befinden beträgt also nur rund 9,6%.
Übungsfragen
#1. Was versteht man unter der Warteschlangentheorie?
#2. Welche Zielgrößen können im Rahmen der Warteschlangentheorie berechnet werden?
#3. “Der Auslastungsgrad eines Bearbeitungsplatzes ergibt sich aus Quotienten von Ankunfts- und Bearbeitungsrate.” – Diese Aussage ist:
#4. “Die Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Warteschlangentheorie gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass sich eine Warteschlange bildet” – Diese Aussage ist:
#5. “Untersuchungen mit Hilfe der Warteschlangentheorie könne ausschließlich zur Optimierung von Fertigungsstraßen in der Produktion genutzt werden.” – diese Aussage ist:
Ergebnisse
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