Die Mitbestimmung im Betrieb ist in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden und deshalb auch gesetzlich geregelt. Sie bezeichnet die Teilnahme der Arbeitnehmer bzw. deren Vertreter an den Entscheidungsprozessen innerhalb eines Unternehmens. So wird denjenigen, deren Arbeits- und Lebensverhältnisse von den Entscheidungen anderer abhängig sind, eine Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit gewährleistet.
Diese Lektion behandelt die Mitbestimmung in Betrieben, deren Nutzen, Wirkung und Ausprägung, sowie die gesetzlichen Grundlagen, in denen die betriebliche Mitbestimmung geregelt ist. Dein neu erworbenes Wissen kannst du außerdem mithilfe der anschließenden Übungsaufgaben testen.
Wann spielt Mitbestimmung im Betrieb eine Rolle
Arbeitnehmer befinden sich durch das Arbeitsverhältnis in einer Abhängigkeit zu ihrem Arbeitgeber. Diese Abhängigkeit hat einen Einfluss nicht nur auf die Arbeitsgestaltung, sondern im weiteren Sinne auch auf die Lebensweise und Lebensverhältnisse der Arbeitnehmer.
Zwar sind Arbeitgeber aufgrund der rechtlichen Besitzverhältnisse grundsätzlich frei in ihren unternehmerischen Entscheidungen, diese sind allerdings durch die rahmengebende Gesetzgebung zur Mitbestimmung im Betrieb begrenzt. Dies dient dem Schutz der Arbeitnehmer und findet beispielsweise Anwendung in folgenden Bereichen:
- Mitbestimmung bei der Arbeitsgestaltung und Rahmenbedingungen durch Vorschlagsrecht
- Anspruch auf Aufklärung zur auszuübenden Tätigkeit und damit verbundener Verantwortung
- Einhaltung des Arbeitsschutzes und der Beurteilung von Gefährdungen
- Recht der Arbeitnehmer auf Einsicht in die Personalakte
- Recht der Vertreter der Arbeitnehmer zur Mitbestimmung bei unternehmerischen Entscheidungen, wie:
- Zeiterfassung der Arbeitnehmer
- Kontroll- und Bewertungssysteme der Arbeitnehmer
- Personalplanung
- Sozialplan und Interessenausgleich bei unternehmerischen Umstrukturierungen
- Einführung von Incentives und anderen Anreizsystemen
- Auswahl von Mitarbeitern und deren Ausscheiden durch Kündigung
- Ausgestaltung von Betriebsvereinbarungen
Warum ist die Mitbestimmung im Betrieb wichtig?
Die Mitbestimmung im Betrieb soll die Einflussnahme der Arbeitnehmer auf Entscheidungen, die sie aufgrund des betrieblichen Abhängigkeitsverhältnisses betreffen, sichern.
Vor allem folgende Ziele sollen durch die betriebliche Mitbestimmung erreicht werden:
Wie ist die betriebliche Mitbestimmung geregelt?
Die Mitbestimmung im Betrieb gilt für viele Bereiche. Für all diese Bereiche gibt es gesetzliche Grundlagen, die das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer und deren Vertreter regeln:
- Das Betriebsverfassungsgesetz
- für alle Betriebe geltend, die mehr als fünf Beschäftigte haben
- Ausnahmen: politische, konfessionelle, erzieherische, wissenschaftliche, karitative, künstlerische und berichterstattende Einrichtungen sowie Religionsgemeinschaften
- Das Drittelbeteilungsgesetz
- für Betriebe mit über 500 Beschäftigten
- Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- für Betriebe mit mehr als 2.000 Beschäftigten
- Das Bundespersonalvertretungsgesetz
- Mitbestimmung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst
- Das Sprecherausschussgesetz
- für Betriebe mit mehr als neun leitenden Angestellten
Für bestimmte Branchen, beispielsweise für die Bergbau und die Eisen- und Stahlindustrie, gelten zusätzlich ergänzende Gesetze, die die betriebliche Mitbestimmung regeln.
Weitere Regeln zu betrieblichen Mitbestimmung finden sich außerdem in:
Unternehmen ohne Mitbestimmung
Unternehmen, die in Deutschland tätig sind, allerdings eine ausländische Rechtsform aufweisen, unterliegen nicht den Bestimmungen der genannten Mitbestimmungsgesetze.
Unternehmen ohne Mitbestimmung:
- eine amerikanische “Incorporated”
- eine britische “Limited”
- eine niederländische “BV”
Die Anzahl solcher in Deutschland tätigen Unternehmen steigt. Während im Jahr 2006 nur 17 Unternehmen ausländischer Rechtsform mit mehr als 500 Mitarbeitern in Deutschland gezählt wurden, waren es 2009 bereits 37 Unternehmen.
Betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat
Für die Mitbestimmung bei betrieblichen Entscheidungen können Vertreter der Arbeitnehmer in den Betriebsrat bzw. den Aufsichtsrat eines Unternehmens gewählt werden.
Hierbei gelten folgende Regelungen:
Für den Aufsichtsrat einer Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft
- Die Vertreter der Arbeitnehmer werden durch die Belegschaft gewählt.
- Gewerkschaften haben ein besonderes Vorschlagsrecht für die Besetzung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.
- Die Vertreter der Arbeitnehmer verfügen über die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Aufsichtsratsmitglieder.
- Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, müssen ein Drittel der Posten im Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretern besetzen.
- Unternehmen, die mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigen, müssen die Hälfte aller Posten im Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretern besetzen.
Für den Betriebs- bzw. Personalrat:
- In jedem Betrieb mit mindestens fünf Arbeitnehmern, die wahlberechtigt sind und von denen drei gewählt werden können, kann jederzeit ein Betriebsrat gewählt werden.
- Die Mitarbeiter wählen ihre Vertreter in den Betriebsrat.
- In Unternehmen, die aus mehreren Betrieben bestehen, wird zusätzlich ein Gesamtbetriebsrat aus Vertretern der einzelnen Betriebsräte gewählt.
- Die Wahl des Betriebsrats in Unternehmen, in denen bereits ein Betriebsrat besteht, findet zwischen dem 01.03. und dem 31.05. eines Jahres statt.
- Die letzten Wahlen zum Betriebsrat fanden 2018 statt, die nächsten 2022. Die Amtszeit eines Betriebsrats beträgt vier Jahre.
- Die Beeinflussung oder Behinderung der Betriebsratswahl ist unzulässig.
- Die Kosten der Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber zu tragen.
- Die Größe des Betriebsrats ist abhängig von der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern im Betrieb. Sie kann zwischen 1-35 Mitgliedern betragen.
- In Betriebsräten mit mindestens drei Mitgliedern muss das in der Belegschaft unterrepräsentierte Geschlecht mindestens im gleichen Verhältnis wie in der Belegschaft vertreten sein.
- Mitglieder des Betriebsrat genießen besonderen Kündigungsschutz.
Laut Betriebsverfassungsgesetz sollen “Arbeitgeber und Betriebsrat […] vertrauensvoll […] und zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes” zusammenarbeiten. Ständiger Dialog zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ist dabei Grundvoraussetzung, sodass ein offener und ehrlicher Interessenausgleich erfolgen kann. Beiderseitiger Einigungswille sollte daher immer bestehen.
Der Betriebsrat repräsentiert alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eines Betriebes. Er vertritt die Interessen der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber. Insbesondere die Überwachung der Einhaltung von geltenden Gesetzten und Verordnung sowie Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und den Vorschriften zur Unfallverhütung gehören zu den Aufgaben des Betriebsrates.
Zudem hat der Betriebsrat das Recht zur Beteiligung an personellen, sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen. Dabei unterscheidet man zwischen:
Mitwirkungsrechten
- Informationsrecht
- Vorschlagsrecht
- Anhörungsrecht
- Beratungsrecht
Mitbestimmungsrechten:
- Initiativrecht
- Zustimmungsverweigerungsrecht
Zur Lösung von Konflikten, bei denen sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einigen können, kann die betriebliche Einigungsstelle angerufen werden. Diese Institution wird im Bedarfsfall gebildet und setzt sich gleichermaßen aus Vertretern von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite zusammen. Geleitet wird die Einigungsstelle von einem unparteiischen Vorsitzenden, der im Zweifelsfall durch das Arbeitsgericht gestellt wird.
Übungsaufgaben
#1. Wieso ist Mitbestimmung im Betrieb wichtig?
#2. Welche Möglichkeiten hat der gewählte Betriebsrat in einem Unternehmen:
#3. Wie wird der Betriebsrat bestimmt?
#4. “Die betriebliche Mitbestimmung fördert die Motivation der Arbeitnehmer” – Diese Aussage ist:
#5. “In jedem Betrieb in Deutschland kann ein Betriebsrat gegründet werden” – Diese Aussage ist:
Ergebnisse
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