Die Lieferantenbewertung ist ein Bestandteil der Lieferantenauswahl und gehört somit in die Beschaffungslogistik eines Unternehmens. Die Lieferantenbewertung knüpft unmittelbar an die Lieferantenermittlung an und vergleicht potenzielle Anbieter. Die Aufgabe wird mithilfe einer systematischen Beurteilung vorgenommen, bei der vorab festgelegte Bewertungskriterien verglichen werden.
Du erfährst in dieser Lektion, was eine Lieferantenbewertung ist und welches Ziel diese verfolgt. Im Anschluss zeigen wir dir, anhand welcher Bewertungskriterien eine Beurteilung vorgenommen werden kann und wie diese in den verschiedenen Methoden funktioniert. Zum Abschluss der Lektion stehen dir Übungsaufgaben zur Verfügung.
- Synonyme: Lieferantenanalyse | Lieferantenbeurteilungssystem
- Englisch: supplier evaluation
Warum ist die Lieferantenbewertung wichtig?
Die Lieferantenbewertung macht den Prozess der Lieferantenauswahl messbar. Ein beschaffendes Unternehmen steht vor der Herausforderung, aus zahlreichen Anbietern den richtigen auszuwählen. Außerdem müssen bei Lieferengpässen Alternativen zur Verfügung stehen. Die Lieferantenbewertung gibt Aufschluss darüber, mit welchen Anbietern Verhandlungen geführt werden sollten.
Die Ziele der Lieferantenbewertung
Innerhalb der Beschaffungsmarktforschung machen sich Unternehmen die benötigten Beschaffungsmärkte transparent. Hierzu gehört eine Lieferantenermittlung, bei der alle Anbieter, die potenziell als Lieferant in Frage kommen, gelistet werden. Die Lieferantenbewertung hat das Ziel, diese ermittelten potenziellen Anbieter zu bewerten. Am Ende des Prozesses steht ein Vergleich, aus dessen Ergebnissen das Unternehmen seine Maßnahmen ableiten kann.
Die Kriterien der Lieferantenbewertung
Damit ein Unternehmen für seine Bewertung nicht wahllos Kriterien zusammenstellt und diese vergleicht, ist es ratsam, sich vorab einige Gedanken über deren Auswahl zu machen. Außerdem müssen die Kriterien gewichtet werden, sodass ein Unternehmen die für sich wichtigen Beurteilungen höher einschätzen kann als weniger interessante Kriterien. Einem Unternehmen stehen Kriterien aus verschiedenen Kategorien zur Verfügung.
Auch die Kategorien für sich können unterschiedlich gewichtet sein. Dabei gilt es zu beachten, dass nicht alle Beurteilungen messbar gemacht werden können, sondern auch weiche Kriterien mit einspielen. Jedes Unternehmen muss letztendlich ein individuell angepasstes System entwickeln.
Die Kategorien der Beurteilungskriterien
- Einkaufskriterien
- Qualitätskriterien
- Logistische Kriterien
- Entwicklungskriterien
Einkaufskriterien
Die Einkaufskriterien beinhalten größtenteils die Fragen zu den Kosten und sind gerade bei preisgetriebenen Unternehmen mit geringen Gewinnmargen zum Endverbraucher ein wichtiger Beurteilungsaspekt. Die Kostenstruktur, die zur Klassifizierung der gesamten Preisspanne benötigt wird, erhält ein Unternehmen über die Beschaffungsmarktforschung.
Mögliche Einkaufskriterien
- Einkaufspreise
- Netto-Zahlungsziel
- Preistransparenz über Cost-Break-Down
- Initiativen zur Preisreduktion
- Rahmenverträge & SOP
Qualitätskriterien
Die Qualität ist ein Faktor, der in vielen Unternehmen einen wichtigen Bestandteil der Lieferantenbewertung einnimmt. Für die Herstellung von hochwertigen Produkten benötigt ein Unternehmen qualitative Materialien, Produkte und Komponenten. Damit die Qualität eines Lieferanten messbar gemacht werden kann, läuft die Bewertung über Kriterien anhand von Zertifikaten oder Qualitätskennzahlen der gelieferten Produkte.
Mögliche Qualitätskriterien
- Zertifizierungen
- Anzahl Reklamationen
- PPM-Rate
- 8D-Report
- PPAP-Qualität
- Erreichbarkeit
Logistikkriterien
Logistikkriterien geben Auskunft darüber, wie zuverlässig ein Lieferant arbeitet. Außerdem lässt sich in diesem Bereich der Prozess der Bestellung bewerten, da in Zeiten von immer stärker verknüpften Liefersystemen die Automatisierung von Bestellungen an Bedeutung zunimmt.
Mögliche Logistikkriterien
- Termintreue
- Mengentreue
- Bestellsysteme
Entwicklungskriterien
Es wird erwartet, dass ein Lieferant sich mit seinen Artikeln weiterentwickelt und immer auf dem neuesten Stand der Technik ist. Außerdem sollte er selbstständig die gemeinsamen Prozesse weiterentwickeln, sodass ein stetiger Optimierungsprozess stattfindet.
Mögliche Entwicklungskriterien
- Innovationsfähigkeit
- Kommunikation
- Forschungsinvestitionen
- Technologieposition
- Anzahl Prozessoptimierungen
- Anteil Neuentwicklungen
Methoden der Lieferantenbewertung
Die Lieferantenbewertung erfolgt durch einen Vergleich von Kriterien der unterschiedlichen Lieferanten. Als Methoden stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Je nach Methode ist das Ergebnis eine klare Handlungsempfehlung durch Punkte und Erfüllungsgrade oder es lassen sich Tendenzen erkennen, bei denen jedoch noch Interpretationsspielraum besteht.
Mögliche Bewertungsmethoden
- Punktbewertungsverfahren
- Nutzwertanalyse
- SCOPE-Methode
- Stärken-Schwächen-Profil
- Cross-functionale Bewertung
Punktbewertungsverfahren zur Lieferantenbewertung
Das Punktbewertungsverfahren ermöglicht den Vergleich der Lieferanten anhand klarer Ergebnisse, weshalb es eine beliebte Methode ist. Die Kriterien werden ausgewertet, sodass am Ende jeder Lieferant einen Punktewert erreicht. Der Lieferant mit dem höchsten Punktewert erhält den Auftrag. Als erste Aufgabe werden alle Kriterien bei dieser Methode gewichtet, bis jedes Kriterium einen Multiplikator zwischen 1 und 10 erhalten hat.
Anschließend erfolgt eine Skalierung in Punktetabellen, wobei ein Lieferant pro Kriterium einen bis zehn Punkte erreichen kann. Die Punkte aus der Skalierung werden anschließend mit dem jeweiligen Faktor multipliziert. Anschließend werden alle Kriterien nach diesem Verfahren bewertet und die Punkte der Lieferanten zusammenaddiert. Der Lieferant mit der höchsten Punktzahl sollte im Anschluss für eine Zusammenarbeit angefragt werden.
- 1 Punkt – über 1.940 €
- 2 Punkte – 1.880 bis 1.940 €
- 3 Punkte – 1.820 – 1.880 €
- usw.
- 10 Punkte – unter 1.460 €
Alle Lieferanten werden über ihren Preis mit Punkten versehen. Der beste Lieferant, die “PRG GmbH”, bietet einen Preis von 1.517 € pro Tonne Aluminium und erhält somit neun Punkte. Multipliziert mit dem Faktor zehn bekommt die PRG 90 Punkte durch das Kriterium Preis. Anschließend werden Punkte aus weiteren Kriterien addiert und die Lieferanten verglichen.
Stärken-Schwächen-Profil
Das Stärken-Schwächen-Profil zeigt die Leistungen von Lieferanten anhand von grafischen Darstellungen. Die Ergebnisse der verschiedenen Anbieter werden hierbei nicht wie in einer Rangliste sortiert, sondern können an einem Bild angeschaut werden. Bei dieser Methode stehen die Bewertungskriterien in den Zeilen der Tabelle. Die Punkte, die der Lieferant im jeweiligen Kriterium erreicht, bildet die Spalte der Tabelle.
Innerhalb einer Tabelle werden die erreichten Punkte eingezeichnet und im Anschluss miteinander verbunden. Dies lässt sich mit mehreren Lieferanten durchführen, wobei jeder Anbieter eine eigene Farbe bekommt. Zum Abschluss können die farblichen Darstellungen verglichen werden.
SCOPE-Methode
Mit der SCOPE-Methode lassen sich gesammelte Informationen über Lieferanten strukturieren und in fünf Kategorien unterteilen. Der SCOPE-Ansatz verfolgt einen strategischen und langfristigen Ansatz. Die Kategorien werden im Anschluss hinsichtlich der eigenen Unternehmensbedürfnisse in “zwingend erforderlich”, “wichtig” und “interessant” gewichtet. Hierdurch weiß ein Betrieb, auf welchen Bereich es sich bei der Lieferantenauswahl intensiv konzentrieren muss und welche Kategorie eher vernachlässigt werden kann.
Die Kategorien der SCOPE-Methode
- Strategic Fit (langfristige Eignung)
- Customer Portfolio (Referenzportfolio)
- Operational Excellence (operative Kompetenz)
- Product and Process Development (Produkt- und Prozessentwicklung)
- Economic Viability (wirtschaftlicher Erfolg)
Mögliche Unternehmensbedürfnisse
- Ständige Produktverbesserungen
- Niedrige Herstellerkosten
- Hohes Qualitätsniveau
- Gemeinsame Produktentwicklungen
- Hoher Servicegrad
Übungsfragen
#1. Das Stärken-Schwächen-Profil gibt anhand von klaren Ergebnissen durch ein Punktesystem darüber Auskunft, welcher Lieferant für das Unternehmen am besten geeignet ist.
#2. Was sind mögliche Bewertungsmethoden bei der Lieferantenbewertung?
#3. Wofür steht das C in der SCOPE-Methode?
#4. Welches ist kein mögliches Logistikkriterium bei der Lieferantenbewertung?
Ergebnisse
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