Ein Prokurist ist eine Person, der eine handelsrechtliche Vollmacht erteilt wird. Dabei handelt es sich um die sogenannte Prokura, die in §§ 48 ff. HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt ist. Diese umfangreiche geschäftliche Vertretungsvollmacht erlaubt es dem Prokuristen, das Unternehmen im Außenverhältnis selbstständig und rechtskräftig zu vertreten. In den meisten Fällen handelt es sich bei einem Prokuristen um einen Arbeitnehmer des Unternehmens, der dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
In dieser Lektion lernst du die Aufgaben und den Handlungsspielraum eines Prokuristen kennen, wie er ernannt wird, und welche Gründe die Tätigkeit als Prokurist beenden. Die Übungsfragen am Ende dieser Lektion helfen dir, das erlernte Wissen zu prüfen.
- Synonyme: Bevollmächtigter | Beauftragter
- Englisch: authorized officer | authorized representative
Wann ist ein Prokurist von Bedeutung?
Ein Prokurist wird durch die Erteilung der Prokura auf die Leitungsebene eines Unternehmens gehoben. Der Umfang seiner Befugnisse ist abhängig von der Gestaltung und dem Umfang der Prokura.
Ein Prokurist spielt eine wichtige Rolle bei:
- Abschluss, Durchführen und Beenden von Verträgen
- Einstellen und Kündigen von Personal
- Finanziellen Transaktionen, zum Beispiel Darlehen aufnehmen
- Aktiengeschäfte, Scheck- und Wechselerklärungen
- Schenkungen und Verbindlichkeitsübernahmen
- Erteilung von Handlungsvollmachten
- Abwicklung vom Geschäftsverkehr
- Prozesshandlungen
- Einführung neuer Produktionsmethoden
- Gründung von Tochterfirmen oder Niederlassungen
- Produktumstellung
Warum ist ein Prokurist wichtig?
Ein Prokurist hat unter anderem die Aufgabe, die Arbeitsabläufe in Abwesenheit des Unternehmers oder Geschäftsführers zu überwachen und zu optimieren. Die Ernennung eines Arbeitnehmers zum Prokuristen ist häufig auch eine Möglichkeit für ausländische Unternehmen, sich in der deutschen Niederlassung zu engagieren, bis dort ein Geschäftsführer gefunden ist.
Ein Prokurist kann Einfluss nehmen auf:
- Machtverhältnisse im Unternehmen
- Besitzverhältnisse im Unternehmen
- Personalpolitik
- Finanzpolitik
- Produktion
- Erfolg des Unternehmens
- Größe des Unternehmens
Die Ernennung zum Prokuristen
Die Ernennung zum Prokuristen ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Außerdem sind nur bestimmte Personen berechtigt, Prokura zu erteilen, wobei auch die Art und Weise der Erteilung an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist.
Die Voraussetzungen für die Ernennung zum Prokuristen
Es gibt keine spezielle Ausbildung, die einen Mitarbeiter zum Prokuristen macht. Stattdessen gibt es bestimmte Voraussetzungen, die einen internen oder externen Mitarbeiter für die Ernennung zum Prokuristen befähigen.
Zu diesen persönlichen Voraussetzungen gehören:
- Für das Unternehmen relevante Qualifikationen, zum Beispiel eine kaufmännische Ausbildung oder ein wirtschaftswissenschaftlicher Studienabschluss.
- Mehrjährige Berufserfahrung, insbesondere in leitenden Positionen mit Führungsverantwortung
- Vollständige Identifizierung mit dem Unternehmen
- Ein vertrauensvolles Verhältnis zur Geschäftsführung
Zu den rechtlichen Voraussetzungen gehören:
- Volle Geschäftsfähigkeit
- Im Unternehmen angestellter Arbeitnehmer oder Kaufmann im Sinne des HGB
- Natürliche Person und keine juristische Person
Nicht zum Prokuristen bestellt werden dürfen:
- Vorstandsmitglieder einer AG (Aktiengesellschaft) oder KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien)
- Geschäftsführer einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)
- Der persönlich haftende Gesellschafter einer OHG (offene Handelsgesellschaft)
- Der Komplementär einer KG (Kommanditgesellschaft)
- Der ständige Vertreter einer Zweigniederlassung
- Insolvenzverwalter, da er bereits über eine inhaltlich identische Vollmacht verfügt
- Testamentsvollstrecker, der das Handelsgewerbe im eigenen Namen fortführt
Prokuristen können nahezu in jeder Unternehmensbranche arbeiten. Beispiele sind Industrie-, Handels-, Bau-, Logistik- und Dienstleistungsunternehmen.
Wie wird Prokura erteilt?
Voraussetzungen für die Erteilung der Prokura:
- Nur ein Kaufmann oder sein gesetzlicher Vertreter können Prokura erteilen.
- Die Erteilung erfolgt gegenüber dem Prokuristen selbst oder dritten Personen, gegenüber denen die Prokura Wirkung entfaltet.
- Nach § 48 Abs. 1 HGB muss die Ernennung zum Prokuristen persönlich oder ausdrücklich erfolgen, wobei eine mündliche Erteilung der Prokura ausreichend ist. Nicht möglich ist eine konkludente oder stillschweigende Erteilung der Prokura.
- Gesetzlich vorgeschrieben ist die öffentliche Bekanntmachung, die durch die Anmeldung zum Handelsregister erfolgt.
Wer ist berechtigt eine Prokura zu erteilen?
Nach § 48 Abs. 1 HGB darf die Prokura nur vom Geschäftsinhaber oder von seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden.
Beispiele für die Zuständigkeit der Prokuraerteilung:
- GmbH und UG: Geschäftsführerbeschluss
- OHG und KG: Persönlich haftende Gesellschafter
- AG, KGaA und eG: Vorstandsmitglieder
Der Handlungsspielraum eines Prokuristen
Der Handlungsspielraum eines Prokuristen kann durch Gesetz, aufgrund von Einschränkungen seitens des Unternehmens und durch die Art der Prokura begrenzt werden.
Gesetzliche Einschränkungen
Es gibt einige gesetzliche Einschränkungen, die den Handlungsspielraum eines Prokuristen begrenzen.
Das darf ein Prokurist nicht:
- Bilanzen, Steuererklärungen und Jahresabschlüsse für die Geschäftsleitung gegenzeichnen
- Prokura erteilen
- Anmeldung in das Handelsregister beantragen
- Einen Eid für die Geschäftsleitung leisten
- Insolvenz anmelden
- Geschäfte führen, die auf die Einstellung des Unternehmens ausgerichtet sind
- Verkauf des Unternehmens
- Aufnahme, Ausschluss und Kündigung von Gesellschaftern
Einschränkungen durch das Unternehmen
Neben dem Gesetzgeber kann auch das Unternehmen die Handlungsfreiheit des Prokuristen einschränken. Diese Einschränkungen sind auf das Innenverhältnis begrenzt, während sie im Außenverhältnis unwirksam sind.
Beschränkungen durch die Art der Prokura
Es gibt verschiedene Arten der Prokura, die dem Prokuristen Grenzen setzen können.
Die Begrenzung durch die Art der Prokura:
- Filialprokura: auf eine Geschäftsstelle oder Filiale begrenzt
- Einzelprokura: eine Einzelperson erhält Prokura
- Gesamtprokura: zwei oder mehr Personen wird gemeinschaftlich Prokura erteilt
Wann und wie endet die Tätigkeit eines Prokuristen?
Die Prokura kann jederzeit widerrufen werden, ohne dass bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Denn es gilt nach § 52 HGB der Grundsatz der freien Widerruflichkeit. Der Widerruf kann mündlich erfolgen. Anderes gilt, wenn vertraglich eine andere Form des Widerrufs vereinbart wurde.
Daneben gibt es verschiedene Gründe, die zum Erlöschen der Prokura und der Beendigung der Tätigkeit des Prokuristen führen.
Erlöschensgründe für die Prokura sind:
- Insolvenz des Unternehmens
- Wechsel des Geschäftsinhabers oder Geschäftsführers
- Einstellung des Gewerbebetriebs
- Veräußerung des Unternehmens
- Geschäftsunfähigkeit des Prokuristen
- Tod des Prokuristen
Nach § 52 Abs. 3 HGB erlischt die Prokura im Falle des Todes des Geschäftsinhabers nicht. Grundsätzlich wird die Prokura durch den Kaufmann widerrufen. Bei einer GmbH oder UG ist ein Gesellschafterbeschluss notwendig, der vom Geschäftsführer umgesetzt wird. Bei einer OHG ist der einzelne Gesellschafter zum Widerruf berechtigt, sofern er auch die Zustimmung für die Erteilung der Prokura gegeben hat.
Übungsfragen
#1. Was haben die Vorstandsmitglieder einer AG oder KGaA, der Geschäftsführer einer GmbH und der persönlich haftende Gesellschafter einer OHG in Bezug auf die Prokura gemeinsam?
#2. Was geschieht mit einem Prokuristen, wenn der Geschäftsinhaber stirbt?
#3. Wann wird eine dem Prokuristen erteilte Prokura wirksam?
#4. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass nur der Geschäftsinhaber oder sein gesetzlicher Vertreter Prokura erteilen und einen Prokuristen bestellen dürfen. Bei einigen Rechtsformen gibt es Besonderheiten. Welche Aussagen sind richtig?
Ergebnisse
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