Das Bestellpunktverfahren ist ein mengenorientiertes Bestellverfahren zur Bedarfs- und Bestellplanung in einem Unternehmen. Dabei wird die Bestellung eines benötigten Rohstoffes, Vorprodukts oder Ähnlichem bei Erreichen eines vorher festgelegten Lagerbestandes ausgelöst.
Du wirst in diesem Kapitel lernen, was sich hinter dem Bestellpunktverfahren verbirgt und welche Bedeutung es hat. Außerdem zeigen wir dir, wie du den optimalen Bestellzeitpunkt mit dem Bestellpunktverfahren ermittelst und welche Vor- und Nachteile das Bestellpunktverfahren mit sich bringt. Anhand der nachfolgenden Übungsaufgaben kannst du dein dazu erworbenes Wissen überprüfen.
Englisch: reorder point procedure
Welche Bedeutung hat das Bestellpunktverfahren?
Die Beschaffung der für die Fertigung eines Produkts notwendigen Rohstoffe, Vorprodukte und Ähnlichem ist ein wesentlicher Faktor für den reibungslosen Produktionsablauf. Dabei ist wichtig, dass die benötigten Materialien zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge und der benötigten Qualität vorhanden sind. Andernfalls kann es zu Stillständen in der Produktion kommen. Diese können zu Lieferengpässen führen, wodurch erhebliche Kosten für das Unternehmen verursacht werden können.
Mit dem Bestellpunktverfahren kann dafür gesorgt werden, dass immer ausreichend Nachschub an benötigten Materialien vorhanden ist. So können Stillstände in der Produktion und damit auch Lieferengpässe verhindert werden.
Was versteht man unter dem Bestellpunktverfahren?
Das Bestellpunktverfahren ist eines der möglichen Verfahren der Bestellmengenplanung. Im Zuge des Bestellpunktverfahrens werden der Zeitpunkt der Bestellung und die Bestellmenge so gewählt, dass die zur Fertigung des eigenen Endprodukts benötigten Materialien und Rohstoffe rechtzeitig und in ausreichender Menge geliefert werden. Hierfür wird im Vorfeld ein bestimmter Lagerbestand für das zu bestellende Material definiert, welcher als Meldebestand oder auch Bestellpunkt bezeichnet wird. Sobald der Meldebestand unterschritten wird, muss eine neue Bestellung ausgelöst werden.
Meldebestand definieren
Der Meldebestand ist dabei so zu wählen, dass die Zeit bis zur Wiederbeschaffung mit dem noch vorhandenen Bestand überbrückt werden kann. Er berücksichtigt daher sowohl den Mindest- bzw. Sicherheitsbestand als auch die zu erwartende Verbrauchsmenge während der Bestell- und Lieferzeit (Wiederbeschaffungszeit) des zu bestellenden Gutes. Der Sicherheitsbestand dient dabei als zusätzlicher Puffer für den Fall, dass sich Liefertermine aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse verschieben. So kann die Produktion auch während abweichender Lieferzeiten aufrecht gehalten werden.
Unterschreitet der Bestand im Lager den festgelegten Meldebestand, so muss durch die Einkaufsabteilung des Unternehmens eine neue Bestellung ausgelöst werden. In vielen Fällen werden solche Bestellungen von softwaregestützten Warenwirtschaftssystemen heutzutage auch automatisch ausgelöst. So kann ein höherer Automatisierungsgrad im Unternehmen erreicht werden. Das kann nicht nur Kosten einsparen, sondern auch menschliche Fehler, beispielsweise durch Vergessen der Bestellauslösung, von vornherein ausschließen.
Durch den kontinuierlichen Verbrauch von Material aus dem Lager durch die Produktion sinkt der Lagerbestand im Laufe der Zeit. Sobald dieser auf den Meldebestand gesunken ist, muss neue Ware bestellt werden.
Bestellpunktverfahren im Schema
Grafisch dargestellt funktioniert das Bestellpunktverfahren folgendermaßen:
Beispiel zum Bestellpunktverfahren
Die “Kugel&Schreiber AG” produziert hochwertige Schreibutensilien. Die dafür notwendigen Schreibminen werden von einem Zulieferer bezogen. Für jeden Kugelschreiber wird eine Mine benötigt. Am Tag produziert das Unternehmen 100 Kugelschreiber. Der Minen-Lieferant hat eine Lieferzeit von fünf Tagen ab Bestelleingang. Um mögliche Lieferverzögerungen ausgleichen zu können, soll der Sicherheitsbestand für mindestens drei Tage der Produktion ausreichen. Die Beschaffung der “Kugel&Schreiber AG” erfolgt nach dem Bestellpunkt-Losgrößen-Verfahren.
Zunächst wird der Sicherheitsbestand (S) berechnet:
Anschließend muss der Meldebestand (M) ermittelt werden:
Sobald sich weniger als 800 Minen im Lager befinden, muss also eine neue Bestellung ausgelöst werden.
Das Lager der “Kugel&Schreiber AG” hat eine Kapazität von 2.500 Kugelschreiberminen. Eine Bestellung soll nach Möglichkeit für einen Produktionsmonat ausreichen. Es wird an fünf Tagen in der Woche bei vier Wochen pro Monat produziert.
Der Sollbestand (SB) kann also folgendermaßen berechnet werden:
Die Bestellmenge (BM) kann dann wie folgt festgelegt werden:
Es werden bei jeder Bestellung also 2.000 Kugelschreiberminen bestellt. So kann die Produktion für einen vollen Monat aufrecht gehalten werden und der Sicherheitsbestand ist jederzeit garantiert. Kommt es zu einer Lieferverzögerung von zwei Tagen, so ist die Produktion nicht gefährdet. Die nächste Bestellung wird dann allerdings schon früher ausgelöst, um den Sicherheitsbestand weiterhin halten zu können.
Unterschiedliche Varianten des Bestellpunktverfahrens
Das Bestellpunktverfahren kann in zwei unterschiedliche Varianten unterschieden werden:
- Bestellpunkt-Losgrößen-Verfahren
- Bestellpunkt-Lagerniveau-Verfahren
Bestellpunkt-Losgrößen-Verfahren
Beim Bestellpunkt-Losgrößen-Verfahren wird bei Erreichen des Meldebestands eine zuvor festgelegte Bestellmenge bestellt. Diese kann anhand der Formel zur Berechnung der optimalen Bestellmenge berechnet werden.
Bestellpunkt-Lagerniveau-Verfahren
Im Gegensatz zum Bestellpunkt-Losgrößen-Verfahren wird beim Bestellpunkt-Lagerniveau-Verfahren beim Erreichen des Meldebestands keine vorher festgelegte Menge bestellt. Stattdessen wird die Bestellmenge entsprechend angepasst, um den Lagerbestand wieder auf den gewünschten Sollbestand aufzufüllen.
Vor- und Nachteile des Bestellpunktverfahrens
- kurzfristige Bedarfsschwankungen können ausgeglichen werden
- die Mindestbestände können relativ gering gehalten werden
- geringe Kapitalbindung durch bedarfsorientierte Lagerbestände
- Lagerbestände müssen stetig kontrolliert werden
- stetige Kontrolle der Lagerbestände erfordert einen hohen (Personal-) Aufwand
Vergleich von Bestellpunktverfahren und Bestellrhythmusverfahren
Im Gegensatz zum Bestellpunktverfahren ist das Bestellrhythmusverfahren kein mengenorientiertes sondern ein themenbezogenes Bestellverfahren. Hierbei werden zyklische Bestellungen anhand fixer Zeitintervalle ausgelöst, beispielsweise immer zum 15. eines Monats. Die dabei bestellte Menge kann sowohl konstant sein oder variieren. Demnach kann auch das Bestellrhythmusverfahren in Bestellrhythmus-Losgrößen-Verfahren (konstante Bestellmenge) und Bestellrhythmus-Lagerniveau-Verfahren (variierende Bestellmenge) unterteilt werden.
Der Vorteil des Bestellrhythmusverfahrens gegenüber dem Bestellpunktverfahren liegt in dem geringeren Planungs- und Kontrollaufwand, da eine stetige Kontrolle der Lagerbestände nicht notwendig ist. Zudem können durch vorher festgelegte Bestellrhythmen und entsprechend kalkulierte Bestellmengen mögliche Rabatte und Kostenvorteile bei den Lieferanten verhandelt werden. Dadurch lassen sich Bestell- und Materialkosten senken. Allerdings kann beim Bestellrhythmusverfahren weniger gut auf schwankende Materialverbräuche reagiert werden. So kann es vorkommen, dass unnötigerweise neue Ware bestellt wird, obwohl nur wenig des Materials verbraucht wird oder erst viel zu spät bestellt wird, weil der Materialverbrauch höher als angenommen lag.
Anwendung von Bestellpunktverfahren und Bestellrhythmusverfahren
Zwar gehören sowohl das Bestellpunktverfahren als auch das Bestellrhythmusverfahren zu den verbrauchsorientierten Bestellverfahren, allerdings ist das eine mengen- und das andere terminorientiert. Das Bestellpunktverfahren richtet sich dabei nach der zu bestellenden Menge und das Bestellrhythmusverfahren nach festgelegten Zeitintervallen. Demnach können beide Verfahren auch zu unterschiedlichen Einsatzzwecken genutzt werden.
Das Bestellpunktverfahren wird vor allem dann angewendet, wenn von einem stark schwankenden Bedarf ausgegangen werden kann. Ist der Bedarf an zu bestellenden Gütern hingegen relativ konstant, kann auch das Bestellrhythmusverfahren angewendet werden.
Übungsfragen
#1. Was versteht man unter einer dem Bestellpunktverfahren?
#2. Wann muss beim Bestellpunktverfahren die Bestellung ausgelöst werden?
#3. “Das Bestellpunktverfahren eignet sich besonders gut, wenn mit einem stetig konstanten Verbrauch gerechnet werden kann.” - Diese Aussage ist:
#4. “Durch die Anwendung des Bestellpunktverfahrens können auch kurzfristige Bedarfsschwankungen ausgeglichen werden.” - Diese Aussage ist:
#5. “Der Sicherheitsbestand beim Bestellpunktverfahren dient dazu, auch bei unerwarteten Lieferverzögerungen des Lieferanten die Produktion für einen bestimmten Zeitraum aufrechterhalten zu können.” - diese Aussage ist:
Ergebnisse
Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr Informationen