Die Vorwärts- und die Rückwärtsintegration sind Varianten der vertikalen Integration eines Unternehmens. Unter vertikaler Integration ist der unternehmerische Zusammenschluss sämtlicher Aktivitäten zu verstehen, die von der Gewinnung von Rohstoffen bis zum Verkauf an den Endkunden reichen. Grundsätzlich ist damit eine Organisationsform gemeint, die das Ziel verfolgt, die Wertschöpfungs- und Lieferketten des Unternehmens bestmöglich zu gestalten.
In dieser Lektion erklären wir dir, was die vertikale Integration ist. Du erfährst, ob und wie sie sich messen lässt und was die Werte jeweils aussagen, welche Strategien und Formen der vertikalen Integration es gibt und welche die klassischen Vor- und Nachteile sind. Zum Schluss stellen wir dir einige Übungsfragen zur Lernkontrolle zur Verfügung.
- Synyonym: vertikale Unternehmenskonzentration
- Englisch: vertikale Integration: vertical integration | Vorwärtsintegration: forward integration | Rückwärtsintegration: backward integration
Warum ist die vertikale Integration wichtig?
Das unternehmerische Ziel der vertikalen Integration besteht darin, die Wertschöpfungs- und Lieferketten zu optimieren. Dabei werden bislang unabhängige Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette miteinander verschmolzen.
Grundsätzlich geht es einem Unternehmen darum, mit der vertikalen Integration Mehrwert zu schaffen. Bestehende Fähigkeiten und Ressourcen können auf neue Produkte, Dienstleistungen oder Märkte übertragen werden.
Zu den positiven Nebeneffekten zählen Synergien und gesteigerte Effizienz. Einerseits eröffnet die vertikale Integration sehr hochwertige Optionen, andererseits birgt sie gewisse Gefahren. Die Vor- und Nachteile müssen abhängig vom Unternehmen und der jeweiligen Branche sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
Was ist die vertikale Integration?
Der Begriff “vertikale Integration” stammt aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften und beschreibt eine Form der Unternehmenskonzentration. Ziel der vertikalen Integration ist die Optimierung von Wertschöpfungs- und Lieferketten eines Unternehmens.
Neben der vertikalen Integration gibt es auch die horizontale Integration. Werden beispielsweise Betriebe gleicher Produktionsstufe unter einem einheitlichen Management zusammengefasst, wird in den Wirtschaftswissenschaften von “horizontaler Integration” gesprochen.
Der Begriff der vertikalen Integration
Der Begriff “vertikale Integration” bedeutet konkret, dass Unternehmen die vor- oder nachgelagerten Produktionsstufen (Verarbeitungs- und/oder Handelsstufen) in einen vollständigen Produktionsprozess zusammenführen.
Dabei hängt der Begriff eng mit der typisch betriebswirtschaftlichen Frage zusammen:
“Soll das Produkt selbst angefertigt oder extern bezogen werden?”
Diese Make or Buy-Entscheidung wird innerhalb der Transaktionskosten-Ökonomie weiterentwickelt und im Zusammenhang mit entsprechenden Führungs- und Steuerungsstrukturen eines Unternehmens analysiert.
Wie ein Unternehmen die vertikale Integration und damit die eigene Fertigungstiefe plant, ist von der Frage abhängig, was aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoller ist: eine Leistung von Dritten einzukaufen oder sie selbst zu erbringen. Die vertikale Integration verfolgt demnach den Zweck, die inneren Geschäftsprozesse kurzfristig zu verbessern und den Unternehmensbestand und den Erfolg dauerhaft und langfristig zu sichern.
Grad der vertikalen Integration
Die vertikale Integration eines Unternehmens ist messbar, und zwar mittels der Fertigungstiefe in “Grad vertikaler Integration”.
Dabei gilt: Je geringer der Fremdbezug von Leistungen und Produkten, desto höher ist der Grad der vertikalen Integration. Strebt der Wert gegen 1, ist der Grad der vertikalen Integration hoch.
Je geringer die eigene Fertigungstiefe ist, um so mehr Komponenten und Leistungen werden zugekauft. Der Integrationsgrad strebt gegen 0, da sich die Wertschöpfungskette reduziert. Der Grad der vertikalen Integration ist niedrig.
Die Funktion zur Berechnung des Grads der vertikalen Integration lautet:
Die Wertschöpfung wird aus der Differenz zwischen Umsatz und fremdbezogenen Leistungen ermittelt. Zu den Hauptbestandteilen zählen demnach der Gewinn, der Bruttolohn sowie die Lohnnebenkosten.
Strategien zur vertikalen Integration
Je nach der Zielrichtung der Integration lässt sich die vertikale Integration eines Unternehmens in zwei Strategien unterscheiden:
- Vorwärtsintegration (forward integration)
- Rückwärtsintegration (backward integration)
Die Vorwärtsintegration (forward integration)
Bei der Vorwärtsintegration übernimmt das Unternehmen eine oder mehrere nachfolgende Fertigungsstufen selbst. Beispielsweise ergänzt ein produzierendes Unternehmen seine Geschäftstätigkeit um den Bereich Vertrieb.
Die Vorwärtsintegration bezieht sich auf Produktions- und Handelsstufen, die nachgelagert sind. Demnach gibt es für diese Strategie eine klare Voraussetzung:
Mit der aktuellen Stufe darf der Endverbraucher noch nicht erreicht werden. Es müssen weitere Produktionsstufen dazwischen liegen, die vom Unternehmen integriert werden können.
Die Rückwärtsintegration (backward integration)
Bei der Rückwärtsintegration übernimmt das Unternehmen eine oder mehrere vorgelagerte Fertigungsstufen.
Damit bezieht sich die Rückwärtsintegration auf den Input des Unternehmens.
Formen der vertikalen Integration
In der Praxis lassen sich vier Formen der vertikalen Integration eines Unternehmens unterscheiden. Sie sind jedoch nicht trennscharf und gehen fließend ineinander über.
Formen der vertikalen Integration:
- volle Integration
- partielle Integration
- Quasi-Integration
- Verträge
Die volle Integration
Die volle Integration ist erreicht, wenn der deutlich größere Teil des Produktionsprozesses intern im Unternehmen stattfindet. Der Grad der vertikalen Integration liegt über 0,85.
Die partielle Integration
Findet ein Zukauf teilweise statt, wird der Produktionsprozess als partiell integriert bezeichnet. Der Grad der vertikalen Integration befindet sich im mittleren Bereich und beträgt bis zu 0,85.
Die Quasi-Integration
Kauft ein Unternehmen in hohem Maße zu und weist eine entsprechend sehr geringe Wertschöpfung auf, besitzt aber gleichzeitig gegenüber seinen Zulieferern eine hinreichend hohe Marktmacht, ist der Produktionsprozess als quasi-integriert zu bezeichnen.
Verträge
Ist der Grad der vertikalen Integration sehr niedrig und strebt gegen den Wert 0, werden vom Unternehmen viele Güter von außen bezogen. In Hinblick auf die eigene Wertschöpfung liegt eine sehr ähnliche Situation wie bei der Quasi-Integration. Fehlt jedoch die Marktmacht gegenüber den Zulieferern, wird diese Form der vertikalen Integration als “Verträge” bezeichnet.
Vor- und Nachteile der vertikalen Integration
Die Vor- und Nachteile einer vertikalen Integration sind in Hinblick auf die jeweilige Branche und die Unternehmensstruktur sorgfältig abzuwägen.
Doch es gibt klassische Vor- und Nachteile, die häufig vorkommen:
Vorteile
- Gegenüber Wettbewerbern erreicht das Unternehmen deutliche Kosten- und Zeitvorteile, beispielsweise beim Transport.
- Das Unternehmen kann die Abstimmung der Vorprodukte auf die Endprodukte optimieren.
- Die Verhandlungsmacht der Zulieferer und Abnehmer wird reduziert.
- Die Abhängigkeit von Zulieferern und Abnehmern wird reduziert; damit ist der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen mit Schlüsselfunktion besser gewährleistet.
- Zielsetzungen wie Qualitätskontrollen, schnellere Produktmodifikationen, Kapazitätsauslastung, Vermeidung von Leerlauf und Stillstand lassen sich einfacher sichern.
- Die Chance, auf profitableren Wertschöpfungsstufen zu expandieren, steigt deutlich.
- Das interne Fachwissen im Unternehmen entwickelt sich weiter; innerhalb der Produktionsprozessstufen ergeben sich starke Synergieeffekte.
- Der Zugang zu relevanten Marktinformationen verbessert sich.
- Innovative Produktentwicklungen lassen sich leichter geheim halten.
Nachteile
- Kostenvorteile, die durch Spezialisierung und Arbeitseinteilung entstehen, entfallen.
- Aufgrund fehlender Erfahrung entstehen interne Kosten für Kontrollen und Koordination.
- Die wachsende Unternehmensgröße verursacht steigende Kosten für Organisation und Verwaltung.
- Um Führungsprobleme zu verhindern, ist der Autonomieverlust der integrierten Unternehmen auszugleichen.
- Die Wettbewerbssituation verändert sich, weil zum Beispiel ehemalige Kunden oder Zulieferer zu Konkurrenten werden.
Die Abhängigkeit der Integration
Die vertikale Integration bedeutet für ein Unternehmen bestenfalls die Einnahme einer höheren Stufe in der Wertschöpfungskette. Sind Kompetenzen und Potenzial vorhanden, ist die vertikale Integration eine realistische Option.
Darüber hinaus steht eine vertikale Integration dann zur Diskussion, wenn – ausgehend von den gleichen Herstellungs- und Absatzkosten – folgende Bedingung gilt:
Interne Kontroll- und Koordinationskosten < externe Kontroll- und Koordinationskosten
Zu den weiteren entscheidungsrelevanten Faktoren zählen:
- die Anzahl der Lieferanten
- die Abhängigkeiten zwischen Lieferanten und Abnehmern
- die Beziehungen zwischen Lieferanten und Abnehmern
- die Vorteile hinsichtlich Erfahrung, Größe und Verbund
Übungsfragen
#1. Welche Aussage zur vertikalen Integration ist FALSCH?
#2. Je weniger Leistungen und Produkte ein Unternehmen von außen bezieht, ...
#3. Zwischen welchen beiden Werten bewegt sich der Grad der vertikalen Integration?
#4. Welche Form der vertikalen Integration existiert NICHT?
#5. Wo befindet sich der Grad der vertikalen Integration bei voller Integration?
Ergebnisse
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