Das Bruttosozialprodukt, heute als Bruttonationaleinkommen (BNE) bezeichnet, gehört zu den volkswirtschaftlichen Kennzahlen und misst alle von Inländern erwirtschafteten Einkommen. Für eine Berücksichtigung im Bruttonationaleinkommen ist es unerlässlich, dass sich auch die Produktionsfaktoren (Kapital, Arbeit und Boden), mit deren Hilfe das Einkommen erwirtschaftet wurde, im Besitz von Inländern befindet. Gemäß dieses Inländerprinzips ist es hingegen unerheblich, ob die Einkommen im Inland oder Ausland erwirtschaftet werden.
In dieser Lektion erklären wir dir die Bedeutung des Bruttonationaleinkommens bzw. Bruttosozialprodukts sowie die Unterschiede und Verwendung der unterschiedlichen Begriffe. Des Weiteren zeigen wir Dir, wie das Bruttonationaleinkommen auf Basis der Entstehungsrechnung ermittelt wird. Zum Abschluss dieser Lektion bieten wir Dir die Gelegenheit, Dein neu erworbenes Wissen anhand einiger Übungsfragen zu überprüfen.
Welche Bedeutung hat das Bruttonationaleinkommen?
Beim Bruttonationaleinkommen handelt es sich um einen zentralen Begriff aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR). Entsprechend wichtig ist es, dessen Bedeutung zu kennen und den Informationsgehalt dieser Kennzahl interpretieren zu können. Die Berechnung des BNE gehört zu den zentralen Aufgaben der VGR.
Abgrenzung der Begriffe
Die Begriffe Bruttosozialprodukt (BSP), Bruttonationaleinkommen (BNE) und Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden des Öfteren vertauscht oder in ihrer Bedeutung nicht präzise voneinander abgegrenzt. Das heutige Bruttonationaleinkommen misst das Einkommen der Inländer innerhalb einer Volkswirtschaft. Hier gilt folglich das Inländerprinzip. Im Gegensatz dazu basiert das Bruttoinlandsprodukt auf dem Inlandsprinzip. Es berücksichtigt also sämtliche Konsum- und Investitionsgüter, die innerhalb der Landesgrenzen erstellt wurden. Dazu zählen jedoch nicht die Zwischenprodukte.
Das Bruttonationaleinkommen erfasst hingegen alle Waren und Dienstleistungen, die von Inländern erstellt wurden. Dazu zählen Personen und Institutionen, die ihren ständigen Wohn- oder Firmensitz im Inland haben. Die Unterschiede zwischen dem bis 1999 verwendeten Begriff Bruttosozialprodukt und dem heute geläufigen Bruttonationaleinkommen sind vergleichsweise gering. Das Bruttonationaleinkommen berücksichtigt auch saldierte Produktions- und Importabgaben wie z. B. Zölle und Subventionen aus der EU.
Wie die einzelnen Größen aufeinander aufbauen, lässt sich der folgenden Tabelle entnehmen:
Bruttoinlandsprodukt | |
+ | Saldo aus Primäreinkommen |
= | Bruttosozialprodukt |
+ | EU-Subventionen |
- | Saldo aus EU-Produktions- und Importabgaben |
= | Bruttonationaleinkommen |
Inländerprinzip und Primäreinkommen
Zu den Schlüsselgrößen einer Volkswirtschaft gehören deren Gesamtproduktion bzw. ihr Gesamteinkommen. Bei der Gesamtproduktion wird zunächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Kennzahl herangezogen. Im Rahmen der Entstehungsrechnung dient diese dann als Basis zur Berechnung des Bruttonationaleinkommens (BNE).
Inländerprinzip
Beim BNE steht das Inländerprinzip im Vordergrund. Im Gegensatz zum BIP (Inlandsprodukt) orientiert sich das BNE (Inländerprodukt) also nicht an den Landesgrenzen, sondern an der Nationalität. Anders als das BIP enthält das BNE keine im Inland entstandenen Primäreinkommen, die an Ausländer fließen.
Primäreinkommen
Als Primäreinkommen werden alle Einkommen bezeichnet, die durch eine Mitwirkung am Produktionsprozess entstehen. Dabei werden auch Einkommen erfasst, die von Ausländern an Inländer fließen. Zur Berechnung der oben genannten Sozialprodukte stehen drei verschiedene Methoden zur Verfügung: Entstehungs-, Verwendungs- und Verteilungsrechnung, deren Unterschied darin besteht, dass sie an verschiedenen Stellen des Wirtschaftskreislaufs ansetzen. Die Entstehungsrechnung setzt bei der Produktion an und soll uns hier zur Berechnung des Bruttonationaleinkommens dienen.
Entstehungsrechnung zur Ermittlung des BNE
Um das gesamtwirtschaftliche Produktionsergebnis berechnen zu können, geht die Entstehungsrechnung von den Produktionswerten der jeweiligen Wirtschaftsbereiche aus. Als Produktionswert eines Unternehmens wird die Gesamtheit aller zu Marktpreisen bewerteten Verkäufe von Waren und Dienstleistungen bezeichnet. Hinzu kommen Handelswaren an andere Wirtschaftseinheiten ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer.
Anhand der Produktionskosten der einzelnen Sektoren wird im ersten Schritt ein Produktionswert für jeden einzelnen Wirtschaftsbereich ermittelt.
Dabei werden die folgenden Sektoren voneinander unterschieden:
- Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei
- Baugewerbe
- Produzierendes Gewerbe
- Handel, Gastgewerbe und Verkehr
- Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen
- Öffentliche und private Dienstleister
Zur Berechnung des gesamtwirtschaftlichen Produktionswertes werden im nächsten Schritt die Einzelwerte der Sektoren zusammengerechnet. Hierbei ist es wichtig, dass sämtliche Vorleistungen von diesem Wert wieder subtrahiert werden, also der Wert sämtlicher Güter, die ein Wirtschaftssubjekt von einem anderen erhalten hat, um es dann für die eigene Produktion einzusetzen.
Auf diese Weise werden Doppelzählungen von einzelnen Produkten vermieden, was für die Ermittlung der unbereinigten Bruttowertschöpfung unerlässlich ist. Dies sei an einem Beispiel erläutert.
Würde man nun die Erlöse der einzelnen Unternehmen addieren, um auf diesem Wege das Bruttoinlandsprodukt zu berechnen, sähe die Addition wie folgt aus:
Rohstoffe | 50€ |
Verkauf der Bohrmaschine | 100 € |
Verkauf der Bohrmaschine an den Baumarkt | 150 € |
Verkauf an den Endkunden | 200 € |
= Summe | 500 € |
In dieser Summe wäre der Wert der für die Bohrmaschine verwendeten Rohstoffe gleich viermal enthalten, da er zusätzlich noch in die Preise des Herstellers, des Großhändlers und des Einzelhändlers mit einbezogen wird. Hinzu kommt, dass die Händler den Verkaufspreis in ihre Kostenkalkulation mit einbeziehen.
Im Ergebnis würde eine einfache Kalkulation der Verkaufspreise zu einem zu hohen Bruttoinlandsprodukt führen, was folglich auch ein zu hohes Bruttonationaleinkommen nach sich zöge. Um zu einem korrekten Ergebnis zu gelangen, müssen also sämtliche Vorleistungen vom jeweiligen Verkaufspreis abgezogen werden.
Die Rechnung verändert sich dementsprechend:
Rohstoffe | 50 € |
Verkauf der Bohrmaschine | 100€ - 50€ = 50€ |
Verkauf der Bohrmaschine an den Baumarkt | 150 € - 50 € - 50 € = 50€ |
Verkauf an den Endkunden | 200 € - 50 € - 50 € - 50 € = 50€ |
= Summe | 150€ |
Grundschema zur Ermittlung des BNE
Im folgenden Schema ist die Berechnung des Bruttonationaleinkommens dargestellt. Im Anschluss an die Berechnung der unbereinigten Bruttowertschöpfung durch die Addition der Wertschöpfung sämtlicher Sektoren werden noch die unterstellten Bankgebühren abgezogen.
Hierbei handelt es sich um die angenommenen Bankdienstleistungen, für die keine Gebühr erhoben wird. Als Ergebnis erhalten wir die bereinigte Bruttowertschöpfung bzw. das Bruttoinlandsprodukt der betrachteten Volkswirtschaft. Gemäß dem Inländerprinzip, welches dem Bruttonationaleinkommen zugrunde liegt, müssen nun noch sämtliche Einkommen, die Inländer aus dem Ausland erhalten haben, hinzugefügt, und alle Einkommen von Ausländern abgezogen werden.
Produktionswerte aller Wirtschaftsbereiche zu Marktpreisen | |
- | Vorleistungen |
= | Wertschöpfung der Wirtschaftsbereiche |
= | unbereinigte Bruttowertschöpfung |
- | unterstellte Bankgebühren |
= | bereinigte Bruttowertschöpfung |
= | Bruttoinlandsprodukt |
+ | Einkommen von Inländern aus dem Ausland (Inländerprinzip) |
- | Einkommen von Ausländern aus dem Inland |
= | Bruttonationaleinkommen |
Berechnung des BNE anhand der Verwendungsrechnung
Das Bruttonationaleinkommen lässt sich auch anhand der Nachfrage berechnen. Die diesem verfahren zugrunde liegende Idee basiert auf der Annahme, dass die Produktion einer Volkswirtschaft auch der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage entsprechen muss. Dazu zerlegt die Verwendungsrechnung die Nachfrage in einzelne Komponenten und berechnet das Bruttoinlandsprodukt durch Addition der entsprechenden Teilwerte. Die Nachfrage lässt sich grob in Konsum, Investitionen und Außenbeitrag aufteilen.
Beim hier verwendeten Ausgabenansatz werden zunächst sämtliche Ausgaben für den Erwerb von Endprodukten durch Konsumenten der betreffenden Volkswirtschaft ermittelt. Zu den Endprodukten zählen dabei nur jene Güter und Dienstleistungen, die nicht in einen weiteren Produktionsprozess mit einfließen.
Anschließend werden alle vom Staat erbrachten Konsumleistungen hinzugefügt sowie sämtliche Bruttoinvestitionen. Bei einer Bruttoinvestition handelt es sich um ein von staatlicher oder unternehmerischer Seite erbrachtes Gut, welches selbst im weitesten Sinne produktiv ist. Hierbei kann es sich beispielsweise um ein Kraftwerk oder eine Schule samt Einrichtung handeln. Entscheidend dabei ist, dass der Sinn dieser Güter in einer Erhöhung des zukünftigen Konsums liegt.
Zuletzt werden die Importe von den Exporten abgezogen, um so den Außenbeitrag zu erhalten, welcher der Rechnung hinzugefügt wird.
Private Konsumausgaben | |
+ | staatliche Konsumausgaben |
+ | Bruttoinvestitionen |
+ | Außenbeitrag |
= | Bruttoinlandsprodukt |
+ | Einkommen von Inländern aus dem Ausland |
- | Einkommen von Ausländern aus dem Inland |
= | Bruttonationaleinkommen |
Übungsfragen
#1. Welches Prinzip liegt dem Bruttonationaleinkommen zugrunde?
#2. Was versteht man unter dem Begriff Primäreinkommen?
#3. Wie wird bei der Berechnung der Bruttowertschöpfung mit Vorleistungen verfahren?
#4. Welche Aussagen zum Inländerprinzip sind richtig?
Ergebnisse
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