Ein Tochterunternehmen bezeichnet ein Unternehmen, das wirtschaftlich von der Muttergesellschaft abhängig, jedoch rechtlich selbstständig ist. Die Abhängigkeit zeigt sich dadurch, dass die Muttergesellschaft eine gewisse Kontrolle über die Tochtergesellschaft ausübt. Insoweit wird die Zusammenarbeit durch Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge dominiert.
In dieser Lektion lernst du die Tochtergesellschaft sowie ihre Voraussetzungen und Merkmale kennen. Die Übungsfragen am Ende der Lektion helfen dir, deinen Wissensstand zu prüfen und gegebenenfalls Wissenslücken zu schließen.
- Synonyme: Tochtergesellschaft | Tochterfirma
- Englisch: subsidiary | affiliate | subsidiary company | affiliated company
Wann ist eine Tochtergesellschaft von Bedeutung?
Ein Tochterunternehmen gehört mehrheitlich dem übergeordneten Mutterkonzern, der maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Tochterfirma nehmen kann.
Die Tochterfirma ist eng mit dem Mutterkonzern verzahnt. Geht dieser in Insolvenz, bedeutet das regelmäßig auch das Ende des Tochterunternehmens. Umgekehrt kann der Mutterkonzern den Bankrott der Tochterfirma meistens verkraften. Aufgrund dieser Konstellation haben Tochtergesellschaften Auswirkungen auf unterschiedliche Unternehmensbereiche.
Die Tochtergesellschaft spielt eine wichtige Rolle bei:
- Unternehmensführung
- Konzentration auf Kernkompetenzen
- Stabilisieren und Ausweiten der Marktposition
- Personalpolitik
- Nutzung von Steuervorteilen
- Expansionsbestrebungen im In- und Ausland
- Ausbau der Ressourcen
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
- Intensivierung von Forschung und Entwicklung
Ein bekanntes Beispiel ist der deutsche Halbleiterhersteller Infineon, der ein Tochterunternehmen des Siemens-Konzerns ist. Grund für die Auslagerung dieser Technologiesparte waren die stark schwankenden Gewinne und Umsätze auf dem Halbleitermarkt, die vom Geschäftsergebnis des Mutterkonzerns abgegrenzt werden sollten.
Ein weiteres Beispiel ist Opel. Der deutsche Automobilhersteller gehört mittlerweile einem amerikanischen Automobilkonzern, nämlich General Motors. Opel ist auf dem europäischen Markt fest verankert und eine eigene Marke, sodass diese Marktposition vom amerikanischen Mutterkonzern gewinnbringend genutzt wird.
Gleiches gilt für den Hersteller von Tiefkühlpizza Wagner, der ein Tochterunternehmen des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé ist.
Motive für die Gründung einer Tochtergesellschaft
Mutterkonzerne haben unterschiedliche Motive in Bezug auf die Gründung von Tochtergesellschaften.
Motive für die Gründung von Tochterunternehmen:
- Mit der Trennung von unterschiedlichen Geschäftszweigen in Mutter- und Tochtergesellschaft wird Transparenz geschaffen. Das führt auch dazu, dass die Konzernführung besser den betriebswirtschaftlichen Überblick behält.
- Ein deutsches Unternehmen möchte beispielsweise in Richtung China expandieren, um dort zu produzieren und zu verkaufen. Dann gründet es ein lokales Tochterunternehmen beziehungsweise übernimmt ein Unternehmen vor Ort, um es als Tochterunternehmen in den Mutterkonzern einzugliedern.
- Manche Muttergesellschaften haben mehrere Töchter, die jeweils unterschiedliche Waren produzieren. Auf diese Weise wird beispielsweise das Unternehmensrisiko breit gestreut und die Präsenz auf unterschiedlichen Märkten erhöht.
- Manchmal wird eine Tochtergesellschaft gegründet, um Steuern zu sparen.
- Tochterunternehmen werden auch gegründet, um einzelne Tätigkeitsbereiche voneinander zu trennen und so eine höhere Transparenz zu erzielen, zum Beispiel bei Mischkonzernen mit vertikaler und horizontaler Konzernstruktur.
- Gehört eine Sparte nicht oder nicht mehr zum eigentlichen Kerngeschäft eines Unternehmens, kommt Outsourcing in Betracht. Das kann mit dem Ziel erfolgen, das Tochterunternehmen zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder in Teilen zu veräußern.
- Eine Tochtergesellschaft lässt sich leichter verkaufen, da sie über eine eigene Rechtsform verfügt und ihre wirtschaftliche Lage aufgrund der Abtrennung von der Muttergesellschaft transparenter und fundierter beurteilt werden kann, da Tochterunternehmen zudem eigene Bilanzen aufstellen.
Wann ist ein Unternehmen eine Tochtergesellschaft?
Ein Unternehmen ist dann eine Tochtergesellschaft, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Ein anderes Unternehmen hält eine Beteiligung in Höhe der Mehrheit der Stimmrechte, wobei es sich um mindestens die Hälfte der Stimmrechte handeln muss.
- Ein anderes Unternehmen ist Gesellschafter des Unternehmens mit einem beliebigen Anteil und hat das Recht inne, mehrheitlich die Organe des Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen.
- Ein anderes Unternehmen kann einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben, der zum Beispiel auf der Grundlage einer Satzung, eines Gewinnabführungsvertrags oder Beherrschungsvertrags besteht.
- Es liegt eine einheitliche Leistung nach § 290 Abs. 1 HGB (Handelsgesetzbuch) oder eine Beteiligung gemäß § 271 Abs. 1 HGB vor.
Die Tochtergesellschaft ist im Rahmen des Beherrschungsvertrags dazu verpflichtet, im Interesse der Muttergesellschaft zu wirtschaften. Umgekehrt muss das Mutterunternehmen die Tochtergesellschaft in einem Konzernabschluss konsolidieren. Dabei spielt es keine Rolle, wo in der Welt sich das Tochterunternehmen befindet.
Merkmale einer Tochtergesellschaft
Tochtergesellschaften zeichnen sich auch im Verhältnis zur Muttergesellschaft durch bestimmte Merkmale aus.
Merkmale einer Tochtergesellschaft:
- In Bezug auf die Finanzen befindet sich die Tochtergesellschaft fast immer im mehrheitlichen Besitz der Muttergesellschaft.
- Ist die Tochtergesellschaft eine Aktiengesellschaft (AG), übernimmt die Muttergesellschaft regelmäßig die Mehrheit der Aktien.
- Handelt es sich bei der Tochtergesellschaft um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), besitzt das Mutterunternehmen regelmäßig die Mehrheit im Stammkapital.
- In rechtlicher Hinsicht ist ein Tochterunternehmen gegenüber dem Mutterunternehmen selbstständig.
- Befinden sich 100 % des Kapitals einer Tochtergesellschaft im Besitz des Mutterunternehmens, handelt es sich um eine “hundertprozentige Tochtergesellschaft”.
- Die Tochtergesellschaft wird immer von der Muttergesellschaft gesteuert.
- Es handelt sich nicht um ein Tochterunternehmen, wenn eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person Eigentümer der Tochtergesellschaft ist.
Die Abgrenzung des Tochterunternehmens von anderen Formen der Unternehmenszusammenarbeit
Es gibt andere Formen der Unternehmenszusammenarbeit, die mit Tochterunternehmen verwechselt werden und einer Abgrenzung bedürfen. Es handelt sich unter anderem um Joint Ventures, Niederlassungen, Schwestergesellschaften und die Schachtelgesellschaft, die sich von Tochtergesellschaften unterscheiden.
Abgrenzung zum Joint Venture
Joint Ventures unterscheiden sich in Bezug auf den Konzernabschluss von Tochtergesellschaften. Muttergesellschaften sind verpflichtet, Tochtergesellschaften in den Konzernabschluss mit einzubeziehen. Im Gegensatz dazu fehlen bei Joint Ventures der beherrschende Einfluss des Mutterunternehmens sowie die einheitliche Leitung, sodass sie im Rahmen der Equitymethode oder der Quotenkonsolidierung im Konzernabschluss aufgeführt sind.
Abgrenzung zur Niederlassung
Anders als die Tochtergesellschaft ist die Niederlassung nicht rechtlich selbstständig, da sie Teil der Hauptniederlassung bleibt.
Abgrenzung zu Schwestergesellschaften
Mit Schwestergesellschaften sind zwei Tochtergesellschaften gemeint, die durch das Kapital miteinander verbunden und deshalb voneinander abhängig sind.
Abgrenzung zur Schachtelgesellschaft
Um eine Schachtelgesellschaft handelt es sich, wenn eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt ist, und zwar mindestens in Höhe von 10 %. Die Besonderheit besteht darin, dass Ertrag und Kapital der Tochtergesellschaft keiner doppelten Besteuerung unterliegen. Denn der Anteilswert der Muttergesellschaft an der Schachtelgesellschaft unterliegt kein weiteres Mal der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer.
Vor- und Nachteile einer Tochtergesellschaft
Tochtergesellschaften weisen im Verhältnis zur Muttergesellschaft einige Vorteile, aber auch Nachteile auf.
Vorteile einer Tochtergesellschaft:
- Durch die Ausgliederung eines Unternehmensbereichs in Form einer Tochtergesellschaft werden Innovationen stärker gefördert.
- Rechtliche Eigenständigkeit gegenüber dem Mutterunternehmen
- Konzentration der Muttergesellschaft auf die Kernkompetenzen, wodurch unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und die Kosten optimiert werden können.
- Verbesserte Flexibilität sowohl für die Muttergesellschaft als auch für das Tochterunternehmen
- Gleichmäßige Verteilung von wirtschaftlichen und finanziellen Risiken
- Bessere Verteilung der Steuerlast
- Handelt es sich um eine Tochtergesellschaft im Ausland, ergibt sich im Vergleich mit anderen Unternehmensformen durch die Tochtergesellschaft eine bessere Möglichkeit, sich in die internationale Unternehmensstrategie zu integrieren.
- Für eine Tochtergesellschaft spricht außerdem, dass der Abfluss des Know-hows aus dem Mutterkonzern begrenzt beziehungsweise unterbunden wird.
Nachteile einer Tochtergesellschaft:
- Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Mutterunternehmen
- Mögliche Interessenkonflikte zwischen der Tochtergesellschaft und dem Mutterunternehmen
- Lange Anlaufzeit von 10 bis 12 Jahren
- Hoher finanzieller und organisatorischer Aufwand, bis sich erste Erfolge zeigen
Übungsfragen
#1. Was ist ein wichtiges Motiv von Unternehmen, eine Tochtergesellschaft zu gründen?
#2. Was ist ein wesentlicher Nachteil von Tochtergesellschaften?
#3. Wodurch unterscheidet sich ein Tochterunternehmen beispielsweise von einem Joint Venture?
#4. Was reicht als Voraussetzung nicht aus, damit ein Unternehmen eine Tochtergesellschaft ist?
Ergebnisse
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