Mithilfe der Kapitalflussrechnung lassen sich die Zahlungsströme innerhalb einer Periode analysieren. Sie kann sich auf vergangene, sowie für Planungsrechnungen auch auf zukünftige Zeiträume beziehen. Durch die getrennte Ermittlung der durch drei Kategorien von Unternehmenstätigkeiten ausgelösten Geldflüsse zeigt sie, wie sich welcher Bereich auf den Finanzmittelbestand und damit die Liquidität auswirkt.
Du erfährst in dieser Lektion, aus welchen Gründen Kapitalflussrechnungen erstellt werden und für welche Unternehmen sie den Jahresabschluss ergänzen. Weiterhin lernst du die Ermittlung und Dokumentation des Cashflows nach dem Deutschen Rechnungslegungsstandard 21 kennen und kannst diese an einigen Beispielen nachvollziehen. Teste danach dein Wissen anhand einiger Übungsfragen.
- Synonyme: Cashflow-Rechnung | Geldflussrechnung | Finanzflussrechnung
- Englisch: cash flow statement
Was ist eine Kapitalflussrechnung
Die Bezeichnung Kapitalflussrechnung ist etwas trügerisch, da nur der Fluss der liquiden Mittel betrachtet wird, und nicht der des gesamten Kapitals. Treffender sind deshalb die alternativen Begriffe Geldflussrechnung, Finanzflussrechnung, Cash Flow Statement oder Cashflow-Rechnung.
Bei bestimmten Unternehmen ergänzt die Kapitalflussrechnung verpflichtend den Jahresabschluss. Unabhängig davon wird sie oft freiwillig zu Dokumentations- und Kontrollzwecken für beliebige Perioden erstellt. Als Planungsrechnung ermöglicht sie die vorausschauende Ermittlung der zukünftigen Liquidität und damit des Finanzierungsbedarfs.
Kapitalflussrechnung als Teil des Jahresabschlusses
Einige Unternehmen sind dazu verpflichtet, ihren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung für das betreffende Wirtschaftsjahr zu ergänzen.
Folgende Unternehmen müssen ihren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung ergänzen:
- Konzerne gem. § 297 Abs. 1 HGB
- kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften gem. § 264 Abs. 1 S. 2 HGB
- bestimmte Personengesellschaften, die gem. § 264 a den kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften gleichgestellt sind
Die Kapitalflussrechnung für den Konzernabschluss muss dabei dem “Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 21 (DRS 21)” folgen, der weitestgehend auch den internationalen Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS und US-GAAP entspricht. Anderen Unternehmen wird die Anwendung dieses Standards empfohlen.
Kapitalflussrechnung nach DRS 21
Der DRS 21 teilt den Geldfluss in drei Teil-Cashflows auf, sodass erkennbar ist, wie welcher Bereich die Liquidität beeinflusst. Im Einzelnen sind das:
Die folgenden Abschnitte schildern die wesentliche Vorgehensweise bei der Berechnung, sind jedoch etwas vereinfacht. Die detaillierte Gliederung findest du direkt im DRS 21.
Cashflow aus gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
Der Cashflow aus der gewöhnlichen oder auch operativen Geschäftstätigkeit zeigt, welchen Einfluss die dem eigentlichen Unternehmenszweck dienenden Vorgänge auf den Finanzmittelbestand haben. Der DRS 21 erlaubt für seine Ermittlung sowohl die direkte als auch die indirekte Methode.
Direkte Ermittlung des operativen Cashflows
Die direkte Methode geht von den Einzahlungen aus, die aus Umsatzerlösen resultieren, also aus dem Verkauf von Produkten, Waren oder Leistungen. Umsätze, die noch nicht zu Einzahlungen geführt haben, weil Kunden die Rechnungen noch nicht bezahlt haben, zählen nicht mit dazu. Weitere Einzahlungen werden hinzugerechnet und Auszahlungen abgezogen.
Folgende Größen gehen die Berechnung des operativen Cashflows ein:
- Einzahlungen aus Umsatzerlösen
- Zahlungen an Lieferanten und Dienstleister
- Zahlungen an Mitarbeiter
- sonstige Ein- und Auszahlungen (außer für Investitions- und Finanzierungszwecke)
- außerordentliche Ein- und Auszahlungen (außer für Investitions- und Finanzierungszwecke)
- gezahlte oder erstattete Ertragsteuern
+ | bezahlte Kundenrechnungen | 2.000.000 € |
- | bezahlte Lieferantenrechnungen | 500.000 € |
- | Lohn- und Gehaltszahlungen | 400.000 € |
- | Mietzahlungen inkl. Betriebskosten | 54.000 € |
- | gezahlte Kfz-Kosten | 7.000 € |
- | gezahlte Versicherungsbeiträge | 5.000 € |
+ | erhaltene Versicherungsleistungen | 4.000 € |
- | gezahlte KSt und GewSt | 220.000 € |
= | Cashflow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit | 818.000 € |
Indirekte Ermittlung des operativen Cashflows
Die indirekte Methode ist in der Praxis beliebter, da man die Werte dafür größtenteils aus der Bilanz und GuV entnehmen kann. Ausgangswert ist das Periodenergebnis, also bei Betrachtung eines Wirtschaftsjahres der Jahresüberschuss oder Fehlbetrag.
Dieser wird um zahlungsunwirksame Vorgänge korrigiert, wobei Erträge abgezogen und Aufwendungen hinzugerechnet werden. Weiterhin subtrahiert man bestimmte Auszahlungen und addiert entsprechende Einzahlungen. Beachtet werden sollten speziell der Unterschied zwischen dem Ertragsteueraufwand und die tatsächlichen Steuerzahlungen oder -erstattungen innerhalb der Periode.
Diese Positionen sind für die Berechnung relevant:
- Periodenergebnis
- Abschreibungen oder Zuschreibungen des Anlagevermögens
- Bestandsveränderungen von Rückstellungen
- sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen oder Erträge
- Bestandsveränderungen von Vorräten, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und anderen Aktiva (außer für Investitions- und Finanzierungszwecke)
- Bestandsveränderungen von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und anderen Passiva (außer für Investitions- und Finanzierungszwecke)
- Gewinn oder Verlust aus dem Abgang von Anlagevermögen
- Zinsaufwendungen und -erträge
- sonstige Erträge aus Beteiligungen
- Aufwendungen/Erträge aus außerordentlichen Posten
- Ertragsteueraufwand oder -ertrag
- außerordentliche Ein- und Auszahlungen (außer für Investitions- und Finanzierungszwecke)
- gezahlte oder erstattete Ertragsteuern
+ | Jahresüberschuss | 1.500.000 € |
+ | Abschreibungen auf das Anlagevermögen | 200.000 € |
- | Auflösung von Rückstellungen | 2.000 € |
+ | Bestandsminderung Vorräte | 130.000 € |
+ | Bestandsminderung Forderungen aus L+L | 150.000 € |
- | Bestandserhöhung andere Aktiva | 3.000 € |
- | Bestandsminderung der Verbindlichkeiten aus L+L | 4.000 € |
- | Gewinn aus dem Verkauf einer Maschine über dem Buchwert | 1.000 € |
+ | Zinsaufwand | 10.000 € |
+ | Ertragsteueraufwand (KSt und GewSt) | 270.000 € |
- | gezahlte KSt und GewSt | 250.000 € |
= | Cashflow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit | 2.000.000 € |
Cashflow aus Investitionstätigkeit
Für die Ermittlung des Cashflows aus Investitionstätigkeit sieht der DRS 21 nur die direkte Methode vor. Das heißt, es werden nur Ein- und Auszahlungen betrachtet, keine Aufwendungen und Erträge. Dieser Cashflow ist meist negativ, da Unternehmen im Normalfall mehr in ihr Vermögen investieren als sie durch den Verkauf einnehmen.
Folgende Positionen fließen in die Berechnung ein, wobei Einzahlungen wiederum hinzugerechnet und Auszahlungen abgezogen werden:
- Einzahlungen aus dem Abgang von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens (z. B. durch den Verkauf aktivierter Lizenzen oder Rechte)
- Investitionen in immaterielles Anlagevermögen
- Abgänge von oder Investitionen in Sachanlagevermögen
- Abgänge von oder Investitionen in Finanzanlagen
- Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis oder Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis
- Ein- und Auszahlungen aufgrund kurzfristiger Finanzmittelanlagen
- außerordentliche Ein- und Auszahlungen, die Investitionstätigkeit betreffend
- erhaltene Zinsen
- erhaltene Dividenden
- | Kauf von Softwarelizenzen | 1.000 € |
+ | Verkauf einer gebrauchten Maschine | 2.000 € |
- | Kauf von Anlagevermögen | 50.000 € |
- | Investition in langfristige Wertpapiere | 3.000 € |
+ | Verkauf von kurzfristigen Wertpapieren | 5.000 € |
+ | Erhaltene Zinsen | 1.000 € |
+ | Erhaltene Dividenden | 3.000 € |
= | Cashflow aus Investitionstätigkeit | -43.000 € |
Cashflow aus Finanzierungstätigkeit
Dieser Cashflow beschreibt den Einfluss der Eigen- und Fremdfinanzierung auf den Bestand an Finanzmitteln. Für die Darstellung dieser Kapitalflussrechnung sieht der DRS 21 ebenfalls nur die direkte Methode vor.
Folgende Ein- und Auszahlungen gehen in die Berechnung ein:
- Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen (getrennt nach Gesellschaftern des Mutterunternehmens und anderen)
- Auszahlungen aufgrund einer Eigenkapitalherabsetzung (getrennt nach Gesellschaftern des Mutterunternehmens und anderen)
- Einzahlungen aus der Ausgabe von Anleihen und Aufnahme von Krediten
- Auszahlungen aus der Anleihen- oder Kredittilgung
- Einzahlungen aus Zuschüssen oder Zuwendungen
- außerordentliche Ein- und Auszahlungen, die Finanzierungstätigkeit betreffend
- gezahlte Zinsen
- Dividendenzahlungen (getrennt nach Gesellschaftern des Mutterunternehmens und anderen)
+ | Eigenkapitalzuführung durch Gesellschafter | 400.000 € |
+ | Ausgabe von Anleihen | 200.000 € |
- | Kredittilgung | 50.000 € |
+ | erhaltene Zuschüsse | 5.000 € |
- | gezahlte Zinsen | 20.000 € |
- | Dividendenzahlungen | 300.000 € |
= | Cashflow aus Finanzierungstätigkeit | 235.000 € |
Ermittlung des Cashflows und des Finanzmittelbestands
Aus der Addition der drei Geldflüsse für unterschiedliche Unternehmenstätigkeiten ergibt sich der gesamte Cashflow. Ist dieser positiv, sind innerhalb der betrachteten Periode mehr liquide Mittel zu- als abgeflossen.
Cashflow = Cashflow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit + Cashflow aus Investitionstätigkeit + Cashflow aus Finanzierungstätigkeit
Mithilfe des Cashflows lässt sich der Finanzmittelbestand am Ende der Periode berechnen. Dieser zeigt, wie liquide das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt ist.
Finanzmittelbestand am Ende der Periode = Finanzmittelbestand zu Beginn der Periode + Cashflow +/- wechselkurs-, bewertungs- oder konsolidierungskreisbedingte Korrekturen
Übungsfragen
#1. Was untersucht eine Kapitalflussrechnung?
#2. Worauf bezieht sich die Kapitalflussrechnung?
#3. Wie ist eine Kapitalflussrechnung zeitlich ausgerichtet?
#4. Müssen alle Unternehmen ihren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung ergänzen?
#5. Was lässt sich mithilfe der Kapitalflussrechnung NICHT bewerten?
Ergebnisse
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